Methodenentwicklung
Innovative Verfahren zur Frühdiagnose
Der Schlüssel zur erfolgreichen Therapie: Frühe biologische Diagnosestellung der Erkrankungen
Im Falle einer frühen Diagnose der Erkrankungen erhalten die Patienten früh Antworten auf Fragen, wie man die Erkrankungen bestmöglich behandeln kann. Für die MS existieren schon viele effektive Therapien, die frühzeitig eingesetzt werden sollten, um Schubereignisse und Behinderungszunahme zu vermeiden. Mittlerweile existieren zunehmend Behandlungsansätze für die schleichende Phase der Erkrankung, die bei spätem Erkennen jedoch oft zu spät eingesetzt werden. Für Parkinson und Alzheimer sind bisher nur symptomatische Therapien verfügbar, die ebenfalls frühzeitig eingesetzt werden, jedoch die Erkrankungsursachen noch nicht behandeln können. Es herrscht Einigkeit darüber, dass aber auch bei diesen Erkrankungen eine möglichst frühe Diagnose der Erkrankungen nötig ist, um die gesamten Behandlungsstrategien effektiv einzuleiten. Die Entwicklung kausaler Therapien für Parkinson und Alzheimer ist derzeit mit vielen unterschiedlichen Ansätzen im Gange.
Eine besondere Möglichkeit ergibt sich, wenn man bereits im sog. prodromalen Stadium, d.h. wenn die Erkrankung sich im Körper biologisch entwickelt, ohne dass der Patient jedoch Symptome verspürt, mit biologischen Markern die Erkrankung aufspüren kann.
Biomarker sind biologische Marker, die körpereigene pathologische, aber auch gesunde, intakte Prozesse anzeigen und widerspiegeln können. Sie ermöglichen, Erkrankungsdiagnosen leichter und früher zu stellen sowie Krankheitsverläufe einzuordnen bzw. vorherzusagen. Dies verschafft die Möglichkeit, frühzeitig in das Krankheitsgeschehen eingreifen zu können, Therapien möglichst früh zu beginnen und dadurch das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern bzw. zu verlangsamen. Daher liegt der Fokus darin, spezifische Biomarker bzw. Biomarker-Muster zu finden, die die verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen charakterisieren und differenzieren.
Bisherige Methoden in der Diagnostik von neurodegenerativen Erkrankungen
In der Klinik stützt sich die Diagnose beispielsweise der Parkinson-Erkrankung primär auf die klinisch- neurologische Untersuchung. Unterstützend dienen bildgebende Verfahren, wie cMRT, DaTSCAN oder SPECT, und der L-Dopa Response Test. Die biologische Diagnostik der Alzheimer-Erkrankung ist der der Parkinson-Erkrankung derzeit noch einen Schritt voraus. In den letzten Jahren konnten Biomarker im Liquor – Nervenwasser, das unser Gehirn umgibt und schützt – identifiziert und validiert werden. Neben neuropsychologischen Tests und der Bildgebung (cMRT, cCT und PET) erfolgt nun auch eine neurochemische Biomarker-Analyse. Die Biomarker Amyloid-β und Tau helfen, die Diagnose sicherer zu stellen und mögliche Risikopatienten in Frühstadien zu identifizieren.
Klinik und Forschung gehen Hand in Hand
Parkinson-Patienten können in unserem klinischen Forschungszentrum bereits an verschiedenen Studien teilnehmen, die helfen sollen, den Krankheitsverlauf über einen längeren Zeitraum eindeutiger zu charakterisieren, die Bedeutung von Komorbiditäten aufzuklären und die Effektivität von Therapien zu überprüfen. Die Park Move Study beispielsweise untersucht das individuelle Bewegungsprofil der Patienten mithilfe von Wearables (Sensoren), um die Wirksamkeit der zweiwöchigen multimodalen Parkinsonkomplextherapie zu untersuchen. Die Parkinson Nerve Study ist eine Langzeitstudie, die idiopathische und atypische Parkinson-Patienten in den Blick nimmt. Sie beschäftigt sich mit dem Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung und mit hinzukommenden bzw. begleitenden Komorbiditäten des peripheren Nervensystems.
Unser Beitrag: Entwicklung von innovativen Verfahren zur Frühdiagnose
Derzeit sind die verfügbaren Verfahren zur Frühdiagnose insbesondere der Parkinson- und Alzheimer-Erkrankung als auch der progredienten Phase der MS unzureichend. Unser Ziel ist es daher, im multidisziplinären Umfeld von PRODI, Verfahren zu entwickeln, die eine frühe Diagnose von Alzheimer, Parkinson und der progredienten MS ermöglichen bzw. stärken sollen. Diese Verfahren stützen sich auf die Analyse der mit der Krankheit assoziierten Proteine wie Amyloid-β (Aβ), Tau oder alpha-Synuklein sowie Markern für Nervenzellabbau wie Neurofilament in Körperflüssigkeiten. Neben der Entwicklung spezifischer Protein- und spektraler Biomarker zur (Früh-)Diagnose arbeiten wir auch daran, die Erkrankungen auf molekularer Ebene besser zu verstehen. Dadurch wollen wir nicht nur die Diagnostik verbessern, sondern auch Effekte und Wirkungen neuer kurativer Medikamente besser evaluieren.
Biomarker lassen sich in Körperflüssigkeiten, aber auch in Geweben analysieren. Bei der Parkinson-Erkrankung stehen Liquor- und Hautbiomarker im Fokus. Ein besonderes Augenmerk wird auf den Liquor geworfen. Aufgrund der Nähe zum Hirngewebe könnten durch Veränderungen in der Proteinzusammensetzung im Liquor veränderte Prozesse im Gehirn abgebildet werden. In Kooperation mit der Sektion Biophysik des ProDi erfolgen umfangreiche Proteomanalysen von den Liquores der Parkinson-Patienten aus der Klinik. Diese dienen der Detektion und Validierung von diagnostisch und prognostisch aussagekräftigen Liquorbiomarkern. Zudem können Alpha-Synuklein-Aggregationen in den peripheren Hautnerven für die Frühdiagnostik relevant sein. In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Klinische Forschung (ZKF) werden Hautproben, die leicht mittels Hautbiopsien entnommen werden können, aufbereitet und analysiert. Außerdem erfolgt die Untersuchung eines Strukturproteins von Nervenzellen, Neurofilament, im Liquor bei MS-Patienten.